Bezahlen im Metaversum: Alles Krypto, oder was?

Das Metaversum soll das Internet der Zukunft werden. Ob virtuelle Shopping-Touren, Reisen oder Konzertbesuche. All dies sollen wir künftig als Avatare in virtuellen 3D-Welten erleben können. Was steckt dahinter? Welche Vorteile soll es uns bringen? Wer handelt heute bereits im Metaversum? Und sind Krypotwährungen die „Silver-Bullet“, um darin zu bezahlen? Diese Fragen klären wir in diesem Artikel.

 

 

Die Idee des Metaversums

Das Wort Metaversum stammt ursprünglich aus dem 1992 erschienenen Science-Fiction-Roman “Snowcrash” des US-amerikanischen Schriftstellers Neal Stephenson. In seiner Geschichte lässt Stephenson seine Protagonisten als Avatare eine digitale Welt betreten, die man sich als eine Mischung aus Internet und MMORPG (Online-Rollenspiel für große Spielerzahlen) vorstellen kann.

Seitdem wurde die Idee des Metaversums in unterschiedlichen Kontexten immer wieder aufgegriffen und weitergedacht. Dabei ist die Grundidee: Das Metaversum ist das Internet als eine Art Virtual-Reality-Kosmos.

Um das Metaversum Realität werden zu lassen, haben uns bislang die einen oder anderen technologischen Möglichkeiten gefehlt. Jetzt aber steht uns eine spannende Zeitenwende bevor: Die Technologien und Infrastrukturen, die für ein funktionierendes Metaversum benötigt werden, existieren im Wesentlichen. Sie wurden zwischenzeitlich in verschiedenen Industriezweigen und Branchen entwickelt und befinden sich größtenteils schon im Einsatz. Laut Matthew Ball, einem der bedeutendsten Vordenker des Metaversums, zählt folgendes dazu:

  • Hardware wie VR-Headsets, Smartphones, Haptik-Handschuhe, Kameras, Tracking-Systeme und Abtastsensoren.
  • Leistungsfähige Netzwerke, die Echtzeit-Verbindungen mit einer hohen Bandbreite zur Verfügung stellen.
  • Rechenleistung von Computern, Künstlicher Intelligenz oder auch Übersetzungsmaschinen.
  • Virtuelle Plattformen, auf denen sich Menschen digital begegnen und verschiedenen Tätigkeiten nachgehen können.
  • Digitale Zahlungsprozesse einschließlich Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether und anderer Blockchain-Technologien.

(Quelle: Matthew Ball – Framework for the Metaverse)

Virtual Reality Hardware

Jetzt geht es darum, diese Technologien und Infrastrukturen zu einem großen Ganzen zusammenzufügen und alles miteinander zu vernetzen. Wenn das gelingt, wird das Metaversum ein Netz von virtuellen 3D-Welten, in dem wir uns als Avatare (mit einer eigenen Identität) in Echtzeit aufhalten können. Mit unserer virtuellen Präsenz werden wir einerseits vieles tun können, was wir auch im normalen Leben tun können – nur oft mit einfacheren Zugangsvoraussetzungen. Andererseits wird uns das Metaversum auch neue Möglichkeiten bieten, die wir im physischen Leben entweder gar nicht hätten oder zumindest nicht in einer vergleichsweise so verdichteten Abfolge:

Wir könnten zum Beispiel morgens auf dem Nürburgring ein Autorennen fahren, mittags an einem Kurs, einem Meeting oder an Unterrichtsstunden teilnehmen, am Nachmittag ein Live-Konzert oder Fußballspiel am anderen Ende der Welt besuchen und am Abend noch einen spannenden Rundflug über den Grand Canyon machen, in einem virtuellen Einkaufscenter ein paar Besorgungen erledigen oder einfach nur Bank-Geschäfte tätigen.

Das hört sich spannend an. Aber wie groß ist aktuell die Resonanz auf solche Möglichkeiten außerhalb der Tech- und Digital-Szene — also in der normalen Bevölkerung?

Wie groß ist das Interesse der Deutschen am Metaversum?

Kurz gesagt: überraschend groß. Eine Studie der OMD Germany aus dem Jahr 2022 wollte das Interesse der Deutschen am Metaversum ausloten und kam dabei zu diesem Ergebnis:

  • 61 Prozent der Befragten interessieren sich für das Metaversum.
  • Elf Prozent haben bereits erste Erfahrungen mit virtuellen Welten gemacht.
  • 18 Prozent möchten bald eine virtuelle Welt ausprobieren
  • 32 Prozent können sich eine Nutzung vorstellen.

(Quelle: Horizon.net)

Dabei gaben die Befragten an, dass sie das Metaversum in erster Instanz fürs Reisen (48 Prozent) und Online-Spielen (46 Prozent) nutzen würden. 45 Prozent können sich aber auch vorstellen, das Metaversum für Weiterbildungen zu besuchen. Für 41 Prozent stehen der soziale Austausch und virtuelle Shopping-Touren im Vordergrund. Und 37 Prozent würden über das Metaversum an Kulturerlebnissen und Events teilnehmen. (Quelle: Horizon.net)

Und auch global betrachtet sind die Zahlen schon beeindruckend: Derzeit gibt es etwa 400 Millionen Nutzer:innen von virtuellen Welten, die das Metaverse ausmachen. „Einem aktuellen Bericht der Großbank Citi zufolge wird das Metaverse bis 2030 auf fünf Milliarden Nutzer anwachsen.“ (Quelle: wiwo.de)

Wer arbeitet bereits am Metaversum?

Eine Hand voll Unternehmen aus der Digital- und Internetbranche arbeitet bereits an der technischen Umsetzung. Darunter auch Facebook, das extra dafür umbenannt wurde und nun unter dem Namen „Meta“ firmiert. Im Dezember 2021 launchte der Gründer Mark Zuckerberg – zunächst in den USA und Kanada – seinen ersten Plattform-Entwurf namens Horizon Worlds. Doch „während Zuckerbergs Teams noch an einer Monetarisierung der stark VR-orientierten Welt arbeiten, sind andere Plattformen schon einen Schritt weiter.“ (Quelle: t3n.de)

Decentraland

So gibt es zwischenzeitlich verschiedene Anbieter wie Decentraland, The Sandbox, Axie Infinity, Opensea oder auch Rarible – um nur ein paar zu nennen. Die Anzahl der bereits registrierten Nutzer*innen schwankt dabei zwischen 30.000 (The Sandbox) und 1,5 Millionen (Decentraland).

Auf diesen Plattformen können Nutzer*innen verschiedenen Tätigkeiten nachgehen. Während The Sandbox und Decentraland eher spielerischen Charakter haben (hier geht es um den Erwerb und die Bebauung virtueller Grundstücke), verstehen sich Anbieter wie Axie Infinity, Opensea und Rarible eher als digitale Marktplätze, beispielsweise für Musik oder Non-Fungible Tokens (NFTs). NFTs sind eindeutige digitale Tokens, die im Internet bereits heute die Besitzrechte an digitalen oder physischen Gegenständen repräsentieren, so zum Beispiel „die Verwertungsrechte an einem Lied oder die Besitzrechte an einem physischen Objekt.” (Quelle: Wikipedia)

Große Deals: Der Handel im Metaversum

Spätestens beim Thema NFT lässt sich erkennen, dass es im Metaversum schon heute um ernstzunehmenden Handel und sehr viel Geld gehen kann: Wie beispielsweise Anfang 2022 bekannt wurde, verkaufte die Folklegende Bob Dylan die Rechte an seinen Aufnahmen an das Musiklabel Sony Music Entertainment für die geschätzte Verkaufssumme von 150 bis 200 Millionen Dollar. Nur knapp drei Monate später verkündete die NFT-Plattform Snowcrash eine Partnerschaft mit genau diesem Musiklabel. Bob Dylan könnte also tatsächlich bald als NFT im Metaversum verfügbar sein. Und Multimillionäre könnten sich dieses NFT dann tatsächlich auch kaufen.

Non fungible tokens

Doch auch die Digitalisierung von Immobilien über NFTs ist bereits im Fokus größerer Unternehmen. Und wenn man der oben zitierten Studie der OMD Germany folgt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Reisen, Kulturerlebnisse, Events oder auch virtuelle Shopping-Touren folgen, das Metaversum komplett beim Endverbraucher ankommt und zu einem regelrechten digitalen Konsum-Boom führen wird.

Es lohnt sich also bereits heute, darüber nachzudenken, ab wann man auch als Händler*in mit seinem eigenen Online-Shop oder Marktplatz im Metaversum vertreten sein möchte oder sogar sollte. Und natürlich sollte man dann auch wissen, wie im Metaversum das Bezahlen funktionieren wird: Werden wir die aktuell beliebtesten Bezahlarten wie Rechnungs- und Ratenkauf oder auch PayPal einfach vom klassischen Internet ins Metaversum transferieren können? Oder wird das Metaversum das Bezahlen revolutionieren und wird es neue Bezahlarten geben?

Payment in the metaverse – So bezahlt man schon heute im Metaversum.

Ingesamt lässt sich sagen, dass die Tech- und Digital-Szene, aus der die aktuellen Vordenker und Gestalter des Metaversums kommen, eine sehr große Affinität zu Kryptowährungen hat. Auf den Plattformen der oben genannten Anbieter wird zum Beispiel mit Bitcoin und Ethereum bezahlt. Der Anbieter Decentraland dagegen arbeitet mit der hauseigenen Kryptowährung Mana und The Sand bietet auch eine eigene Währung an, die schlicht „Sand“ heißt.

Dabei beschreiben die Verfechter von Kryptowährungen die Vorteile oft so:

  • Grenzenloses globales Bezahlen. Zahlungen können weltweit ohne Berücksichtigung von Wechselkursen oder Umrechnungsgebühren durchgeführt werden.
  • Transaktionen in Echtzeit. Die meisten Transaktionen erfolgen innerhalb weniger Sekunden oder Minuten, so dass keine Wartezeiten wie bei Banken entstehen.
  • Hohe Sicherheit. Aufgrund der komplizierten Kryptografie und einer dezentralen Serverstruktur können die Transaktionen wesentlich besser abgesichert werden.
  • Keine Bindung an Kreditinstitute. Die Nutzer brauchen weder ein Bankkonto noch müssen sie sich einer Plattform wie Square oder Microsoft anschließen (Quelle: Matthew Ball – Payments and the Metaverse).
  • Peer-to-peer-Transaktionen. Da eine Transaktion direkt vom Sender zum Empfänger übergeht, gibt es keine zwischengeschalteten Finanzinstitute, die Transaktionsgebühren erheben (Gebühren kommen aber dennoch anderweitig zustande.)

Allerdings gibt es auch eindeutige Nachteile dieser digitalen Währung:

  • Akzeptanz. Da Kryptowährungen noch keine flächendeckende Akzeptanz erfahren, ist man immer wieder gezwungen, die Kryptowährung zum Beispiel in Euro-Buchgeld umzutauschen.
  • Schnelle und extreme Kurswechsel. Der Umtausch von Kryptowährungen sollte zu einem günstigen Zeitpunkt stattfinden, da viele Kryptowährungen hohen Kursschwankungen unterliegen.
  • Betrug. Auch wenn Kryptowährungen deutlich sicherer als konventionelle Transaktionen sein können, ist letztlich auch hier Betrug möglich, bspw. das so genannte Cryptophishing.
  • Unwiderrufliche Transaktionen. Bei falsch getätigten Überweisungen verfügt nur der/die Empfänger*in über die notwendigen Daten, um das Geld zurückzuschicken. Weigert sich diese Person, eine Rückbuchung vorzunehmen, gibt es keine Möglichkeit, das Geld zurückzuerhalten.
  • Fehlende Regulierung. Der Verzicht auf einen Vermittler, der Transaktionen zwischen zwei Parteien ermöglicht, birgt verschiedene Risiken für Verbraucher*innen, Unternehmen und Märkte. Auf der anderen Seite macht gerade das Fehlen eines solchen Vermittlers aus Sicht der Befürtworter*innen einen Teil der Attraktivität von Kryptowerten aus.

Wer sein E-Commerce fit fürs Metaversum machen möchte, kommt nicht umhin, sich intensiv mit dem Thema Kryptowährung auseinanderzusetzen. Denn anders als in der realen Welt, wo Kryptowährungen gerade erst dabei sind, sich einen festen Platz unter den konventionellen Währungen zu sichern, spielen sie im Metaversum vom ersten Tag an eine wichtige Rolle, wenn es um das Abwickeln von Bezahlungen geht.

Alles Krypto, oder was? Welche Bezahlarten wird es noch im Metaversum geben?

Aktuell dominieren Kryptowährungen und NFTs im Metaversum. Aber wird das auch dauerhaft so bleiben?

„Zahlungen mit Karte, Paypal oder ähnlichem werden sicherlich ein Weg sein, um im Metaversum Dinge zu kaufen. Ob und welche Tokens oder zusätzliche Währungen sich sonst noch etablieren und Einzug in das Metaversum halten werden, wird sich zeigen – gerade in einem so frühen Entwicklungsprozess stehen alle Möglichkeiten offen.“ sagt Kai Herzberger, Group Director Commerce bei Meta in Deutschland (Quelle: e-commerce). Dem stimmen wir zu.

Kryptowährungen im Metaversum

Es ist mit Sicherheit sinnvoll, an die Händler*innen und auch Verbraucher*innen zu denken, die (noch) nicht mit Krypto arbeiten bzw. bezahlen wollen oder können, und somit einfach bis auf Weiteres vom Wirtschaftssystem im Metaversum ausgeschlossen wären. Man kommt also nicht drum herum, beim Thema Bezahlen im Metaverse auch über den Einsatz von BNPL-Bezahlarten nachzudenken. Sie sind im digitalen Umfeld schlichtweg der Platzhirsch. Mit ihnen wird der Großteil des Gesamtvolumens im E-Commerce abgewickelt. Und wer würde schon freiwillig auf so viel potenziellen Umsatz verzichten? Acura, Walmart, Dolce & Gabbana oder auch Estée Lauder, die bereits im Metaversum vertreten sind, mit Sicherheit genau so wenig wie jeder andere Händler.

Im Februar diesen Jahres hat auch JPMorgan Chase & Co. im oben erwähnten Decentraland die erste virtuelle Bankfiliale des Metaversums eröffnet, über die Kunden als Avatare verschiedene Finanzdienstleistungen abrufen können. Das ist ein naheliegender, erster Schritt. Doch welche Weichen die amerikanische Großbank damit für das E-Commerce im Metaversum wirklich stellt, ist noch offen. Denn das Metaversum steckt noch in den Kinderschuhen. Und wohin die Reise geht, kann keiner so richtig sagen. Nur: dass diese Reise noch lange dauern wird.

Und selbst wenn Mathew Ball & Co. Kryptowährungen als zentrales Bezahlsystem im Metaverse sehen, dürfte es noch dauern, bis diese als verlässliches Zahlungsmittel massenwirksam eingesetzt werden können. Bis dahin erscheint es sinnstiftend, die etablierten Zahlarten weiterhin im Visier zu haben.