BNPL – das Aus der Kreditkarte?

Der Zahlungssektor hat sich durch das Aufkommen der „Buy Now, Pay Later“-Optionen tiefgreifend verändert – aber können sie wirklich das Rennen gewinnen? Oder ist die Kreditkarte, die bekannte und etablierte Zahlungsmethode, weiter auf dem Vormarsch?

Es scheint, als ob Buy Now, Pay Later (BNPL) etwas Neues ist, das den Zahlungsmarkt, wie wir ihn kennen, verändert. Aber abgesehen davon, dass es sich um eine ziemlich alte Zahlungsoption handelt, ist es zumindest umstritten, ob sie der Kreditkarte wirklich den Rang ablaufen wird. Dennoch bietet sie einige Vorteile für Kund*innen und für Unternehmen.

Laut der von Sifted durchgeführten Studie „The Payments Revolution“ ist BNPL die jüngere, technikgetriebene Schwester der Ratenzahlung. Der uralte Mechanismus der Absatzfinanzierung wurde automatisiert und zum Mainstream gemacht. Es wird prognostiziert, dass bis 2025 die Ausgaben im E-Commerce in Europa über BNPL fast 300 Mrd. Euro erreichen werden, was 30 Prozent aller prognostizierten E-Commerce-Ausgaben in diesem Jahr entsprechen wird. Laut statista.com stieg der Marktanteil von BNPL bei inländischen E-Commerce-Zahlungen in Europa von 0,4 Prozent im Jahr 2016 auf 2,1 Prozent im Jahr 2020. Besonders beliebt ist sie in Nordwesteuropa, aber auch in Australien und Neuseeland. Allein in Deutschland liegt der Marktanteil von BNPL bei rund 18 Prozent. Die Zahlen unterscheiden sich, je nachdem, ob es sich um Online-Shopping oder das Bezahlen im Laden handelt. Aber insgesamt hat BNPL, wie in einem Deloitte-Bericht aus dem Jahr 2019 betont wird, den Kreditkarten unwiderruflich einige Marktanteile abgenommen.

Für den Kunden ist BNPL eine sehr bequeme Art der Bezahlung: Die modernen BNPL-Instrumente, die auch als POS-Kredit oder POS-Finanzierung bezeichnet werden, ermöglichen es den Verbrauchern, Zahlungen an Händler sofort zu stunden und ihre Schulden in verschiedenen Raten zu begleichen, und das alles im besten Fall zinsfrei. Auch Personen, die keine Kreditkarte beantragen können, was in wirtschaftlich unsicheren Zeiten häufig der Fall ist, haben so die Möglichkeit, ihre Zahlungen über einen längeren Zeitraum zu strecken. Durch die Nutzung von BNPL entfallen auch die Interbankenentgelte, die Kreditkartenanbieter bei Transaktionen erheben.

Im Vergleich zu Kreditkarten richten sich die Anbieter von BNPL-Produkten eher an Unternehmen als an den Endkunden. Das EHI hat herausgefunden, dass Unternehmen und insbesondere Online-Shops, die die Rechnung als eine der BNPL-Methoden anbieten, im Durchschnitt um 46 Prozent besser abschneiden als diejenigen, die diese Option nicht anbieten.

Kurzum: Kreditkarten werden nicht verschwinden und der Markt braucht beides. Oder, wie es in dem Bericht von Deloitte heißt: „Die Kreditkarte wird aufgrund ihrer besonderen Fähigkeit, die Bereitstellung von Krediten mit einem Zahlungsmittel zu kombinieren, ein wichtiges Produkt bleiben“, so das Fazit des Berichts. Dennoch bedient die BNPL einen weitgehend unterversorgten Markt. Im Durchschnitt haben nur etwa 33,7 Prozent der Europäer über 15 Jahren eine Kreditkarte. BNPL-Anbieter können diese riesige Lücke schließen, ohne der Kreditkartenindustrie Marktanteile wegzunehmen.

Abschließend lässt sich sagen, dass es für die meisten Kunden keine Entscheidung für ein Entweder-Oder sein wird. Beide Optionen bieten erhebliche Vorteile, haben aber auch einige Nachteile. BNPL-Unternehmen müssen aggressiv vorgehen, um sich auf dem Markt noch stärker durchsetzen zu können.